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30. August, 2016

  • Autorenbild: Claudia Christ
    Claudia Christ
  • 30. Aug. 2016
  • 2 Min. Lesezeit

Meine Oma ist erlöst.

Vor einer Stunde kam der Anruf, sie sei gestorben. Anscheinend friedlich eingeschlafen.

Im nachhinein hätte man sich gewünscht, sie hätte die ganzen OP's nicht gemacht, dann wär ihr dies wenigstens erspart geblieben. Andererseits weiß man nie, wie es sonst ausgegangen wäre.

Meine Mama bereut es, dass sie soweit weg von ihr wohnt, sie nicht mehr gesehen hat. Ich denken mir, es ist vielleicht ganz gut sie nicht im Krankenhaus im Bett gesehen zu haben, wo es ihr schlecht ging. So haben wir sie beim letzten Besuch in Erinnerung, wo sie fröhlich war und schöne Ausflüge mit uns gemacht hat.

Ich bereue es, dass, als ich das letzte Mal mit ihr geredet habe, wir einen Disput hatten. Ihre Soge um mich habe ich als Vorwurf aufgefasst. Sie hat im Krankenhaus immer wieder zu meinem Opa oder zu meiner Tante gesagt, sie sollen mir sagen, wie leid es ihr tut. Ich hab immer wieder gesagt, es ist vergeben und vergessen. Aber alle meinten, sie mache sich Vorwürfe deswegen. Ich hatte nicht die Chance ihr persönlich zu sagen, dass es in Ordnung ist, dass ich es falsch aufgefasst habe - dass ich sie trotzdem über alles liebe.

Ich wollte ihr so vieles noch sagen, so vieles noch zeigen. Ich wollte ihr von meinem Studium erzählen, vom Umzug in die neue Wohnung. Wir wollten im Oktober alle zusammen ihren Geburtstag feiern. Sie sollte ihr Urenkel kennen lernen - sie hat sich so gefreut, uns alle wieder zu sehen.

Wenn ich mal von mir ab sehe und an sie denke, ist es vielleicht sogar eine Erlösung für sie. Sie ist befreit vom Krebs-Gedanken, von der Angst vor der Chemo, von der Kur, die ihr bevorgestanden hätte. Und wenn sie wirklich die Augen zu gemacht hat, und in Ruhe eingeschlafen ist, dann ist es fast der schönste Tod, den man haben kann. Schöner wäre es für sie gewesen, wenn Opa bei ihr gewesen wäre. Aber sie hat ihn heute noch einmal gesehen, mit ihm geredet. Das ist vielleicht auch ein Trost für meinen Opa. Er kann sagen, er hat sie nocheinmal gesehen, war bei ihr gewesen, konnte mit ihr reden.

Es ist keine leichte Zeit jetzt für uns. Wir fliegen in zwei Wochen in den Urlaub. Immer wieder haben wir überlegt, was wäre, wenn es passiert. Wir können den Urlaub nicht einfach streichen, wir haben ja schließlich schon gezahlt. Aber wir müssen uns auch noch von ihr Verabschieden könne. Wenn die Beerdigung nächste Woche wäre, könnte man nachher zum Abschalten, einfach wegfahren. Einfach raus, einfach ablenken.

Meiner Mama geht es natürlich noch schlechter als mir. Aber wir stehen all hinter ihr, sind alle für sie da. Auch mein Dad, auch ihn nimmt es mit. Es war ein schönes Gefühl, als wir alle zusammen Arm in Arm dastanden und geweint haben. Das hat mir wieder gezeigt, dass man trotz schlechter und schwerer Zeiten füreinander da ist - das man sich aufeinander verlassen kann.

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